Wir neigen dazu, Dinge, die aus anderen Kulturen stammen, entweder zu idealisieren – häufig sogar zu romantisieren – oder sie zu verteufeln.

In Asien kann jede:r in der Hocke sitzen, das ist ganz normal?(Meine Partnerin mit chinesischen Hintergrund hasst jeder Art von Squat – wie viele Asiaten, die ich kenne)

Yoga ist säkular. Yoga ist untrennbar mit Hinduismus verwoben. (Was ist mit den vielen anderen Religionen, die es auf dem indischen Subkontinent gibt?)

Yoga hilft uns, Körper, Geist und Seele zu vereinen und eine höhere Bewusstseinsebene zu erreichen. Dafür gibt es bestimmte Schritte, die mehr oder weniger in einer bestimmten Reihenfolge einzuhalten sind. Die meisten im Westen widmen sich nur den körperlichen Positionen, Asana. Das ist NICHT Yoga. (Funktioniert etwas anderes überhaupt in unserem heutigen Leben, in unserer heutigen Gesellschaft? Und würden wir das überhaupt brauchen?)

In den letzten Jahrzehnten hat sich Yoga in Indien zu einem kulturellen Alleinstellungsmerkmal entwickelt, einem wichtigen Teil der „Soft Power“ des Landes. Aber wusstest du, dass Yoga über Jahrhunderte nur einem winzigen Teil der Gesellschaft vorbehalten war? Nämlich den wohlhabenden, älteren Männern der oberen Kasten, nachdem sie ihre gesellschaftlichen Pflichten (Kind zeugen, Haus bauen etc.) erfüllt hatten? Traditionell war Yoga also so etwas wie ein Hobby für die Midlife-Crisis, etwas so, wie wenn Männer 45+ heute sich ein Rennrad kaufen und sich in enge Leggings schmeißen.

Doch was sehen wir, wenn wir eine Klasse in einem Yogastudio besuchen? Zu 90 % sind es weibliche, weiße Lehrerinnen, die ein ebenso weibliches, weißes Publikum unterrichten. Trotzdem berufen sich viele darauf, ein unverfälschtes, holistisches Yoga zu unterrichten. Vielleicht auch, weil sie bei indischen Lehrer:innen gelernt haben. Ohne sich bewusst zu sein, dass auch diese indischen Lehrer:innen durch ihre eigenen sozio-kulturellen Erfahrungen geprägt sind (Indien erlebt seit einigen Jahren einen krassen Aufstieg einer Form des Nationalismus, bei dem Hindus, natürlich vorrangig Männer bestimmter Kasten, im Vordergrund stehen).

Dennoch beobachte ich in der deutschen Yoga-Community einen Trend, möglichst „holistisch“ und „authentisch indisch“ unterrichten zu wollen. Am besten mit viel Bezug auf Hinduismus, Meditation, Mantren, in einer 75 Minuten langen Studioklasse für ein allgemeines Publikum, das eigentlich nach einem langen Tag nur ein bisschen dehnen und relaxen will. Ich bin mir nicht sicher, ob diese Art verwässerter und aus dem Kontext gerissener „Lehre“ besser ist, als sich einfach auf einen „intensiven Flow“ oder fortgeschrittene Asana zu konzentrieren.

Mein Bekanntenkreis und auch mein Kreis in der Arbeitswelt außerhalb der Yogawelt ist viel, viel diverser als das, was ich in Yogastudios erlebe, wo nach wie vor alles sehr weiß, elitär, heteronormativ ist.

Wie ich diese vielen verschiedenen Welten verbinden kann, da bin ich mir nicht ganz sicher. Für den Moment glaube ich, dass das gar nicht notwendig ist. Wahrscheinlich ist es auch gar nicht möglich und wir sollten uns mehreren Dingen unabhängig voneinander widmen – Bewegung, sozialem und politischem Engagement, mentalem und spirituellem Wachstum – die gemeinsam ein großes Ganzes ergeben.

Wie ist es bei dir? Interessierst du dich für Yoga für Körper, Geist und Seele? Einen yogischen Lebensstil – was auch immer du glaubst, dass das ist? Für Yoga, das politisch ist? Oder hast du den Kopf voll und möchtest einfach deinen Geist zur Ruhe bringen und deinen Körper spüren?

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Moin!

Lust darauf, mehr in deinen Körper anzukommen und nicht nur deinem Kopf abzuhängen? Yoga ganzheitlich zu praktizieren, ohne ins Esoterische abzugleiten? Dann könnten wir zueinander passen.

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