Boah, ein SEO-optimierter „10 Dinge“-Post. Das wird toll!
Ich unterrichte jetzt seit etwas über einem Jahr und dabei sind mir ein paar Dinge bei Teilnehmern aufgefallen. Yoga ist eben doch mehr als „ein bisschen dehnen“. Durch dieses spirituell angehauchte Kuddelmuddel entsteht oft ein seltsames Respektverhältnis zwischen Yogalehrern und Schülern.
Deswegen möchte ich dir folgendes sagen:
1. Du musst dich nicht für deinen Lifestyle entschuldigen
Yogalehrer sind keine spirituellen Heiligen. Naja, ich jedenfalls nicht. Leute entschuldigen sich bei mir regelmäßig dafür, dass sie Fleisch essen, ihre Yogahose von H&M kommt, dass sie vor der Stunde unbedingt mal eine rauchen mussten oder sogar dafür, dass sie „die meiste Zeit des Tages sitzen“.
Weißt du was? Das ist vollkommen ok. Wir sind alle menschlich. Ich bin nicht hier, um über dich zu urteilen. Und überhaupt: Wenn du über diese Dinge überhaupt nachdenkst, bist du 98% yogischer eingestellt als der Rest der Weltbevölkerung.
2. Wie es mit deiner Pediküre steht, ist mir total egal
Manchmal wollen Leute nicht die Socken ausziehen, weil sie ihre Füße so hässlich finden. Herzlichen Glückwunsch, wir sind beim Yoga. Hier lernen wir unsere Körper besser kennen und auch, uns mit diesem anzufreunden. Ohne Socken hat man ein viel besseres Gefühl für seine Füße und auch besseren Halt auf der Matte (eine Forrest Yoga Standing Series mit Socken ist wirklich doof!)
Und die Füßchen werden schon warm, wenn es nicht gerade eine Yin- oder Restorative-Klasse ist (dann lass gern die Socken an).
3. Bitte trag Kleidung, in der dein Körper gut erkennbar ist
I know, I know. Ich liebe es selbst auch, schwarz zu tragen. Tatsächlich wird uns Forrest-Yogalehrern aber ans Herz gelegt, bunte und enganliegende Klamotten zu tragen. Weil es einfach geil aussieht 😀
… haha nein, der Grund ist eher: So kann man jede einzelne Bewegung, die Knochen und Muskeln besser sehen. Wenn du in einem weiten T-Shirt und Schlabberhose kommst, kann ich nicht sehen, was passiert, und dir auch viele Assists überhaupt nicht geben.
Davon abgesehen geht es auch mal kopfüber. Wenn du dann nicht oben ohne dastehen willst, lohnt sich ein engeres Oberteil.
4. Ich weiß auch nicht, was das Symptom zu bedeuten hat…
… denn ich bin kein Arzt! Wenn du Herzrasen hast, das über einen längeren Zeitraum nicht weg geht, dir nach dem Aufstehen immer schwindlig wird, dir irgendwo etwas richtig wehtut, dann geh zum Arzt.
Yogalehrer sind keine Ärzte, keine Heilpraktiker, ja nicht einmal Physiotherapeuten. Natürlich kann Yoga deine Gesundheit und Heilung unterstützen und kleine Wehwehchen ausgleichen. Ich sage dir gern, welche Pose sich da eignet. Aber einen Arztbesuch und fachliche Behandlung kann ich nicht ersetzen.
5. Mir macht dein Schweiß gar nichts aus.
Ich habe freiwillig Wochen mit Dutzenden von Menschen eng auf eng, Matte an Matte gepackt verbracht, bei über 30 Grad, und den ganzen Tag Yoga gemacht und die anderen auch noch dauernd Menschen berührt (das nennt man Yogalehrer-Ausbildung).
Und auch sonst alle anderen körperlichen… Ausdünstungen, die mal beim Yoga passieren. Ist mir wirklich pupsegal.
6. Bitte mich gern um Hilfe!
Ich freue mich sehr, wenn du dich nicht ganz in eine Pose traust und mir vertraust, dich dabei zu unterstützen. Genau deswegen bin ich doch Yogalehrer geworden.
7. Mach etwas anderes als Yoga, um deinen Körper zu bewegen
Das sage gerade ich… es ist schwer, besonders wenn man so richtig Blut geleckt hat. Aber immer, wenn wir nur eine Sache machen, verkümmern andere Bereiche oder es kommt sogar zu langfristigen Abnutzungserscheinungen. Auch wenn du das sicherste Yoga überhaupt machst und ein perfekter Alignment-Master bist; unser Körper kann und möchte so viel mehr. Geh mal schwimmen, wandern, oder einfach ne Runde im Park spazieren.
Als Yin-Lehrerin möchte ich hier ganz klar sagen: Yin Yoga ist eine Zusatzpraxis und sollte keine alleinige Yogapraxis ausmachen. Wenn du Yin liebst, weil du sehr flexibel bist, solltest du vor allem deine Kraft trainieren (und heimlich deine Yin-Stunden weitergenießen), damit deine Gelenke nicht irgendwann total durch sind. Wenn du dauerhaft nur die Energie für Yin Yoga hast, aber keine bekannte Erkrankung, lass dich bitte mal vom Arzt durchchecken. Das könnte im Bestfall ein Burnout sein, oder aber auch an einer anderen Erkrankung oder Stoffwechselstörung liegen.
8. Ich beurteile deine Leistung nicht

Ob du flexibel bist oder nicht, stark oder schwach, alt oder jung, dick oder dünn. Das spielt wirklich überhaupt keine Rolle. Auch nicht in einer Asana-intensiven Yogapraxis wie beim Forrest. Was zählt, ist der Wille, mitzumachen, ehrlich mit sich selbst zu sein und auch mal über den eigenen (selbst gesteckten) Tellerrand zu schauen.
Wenn du mal in meinem Kurs warst, weißt du, ich hab einen sehr schwarzen Humor. Ich lache aber ganz sicher nicht ÜBER dich, sondern über eine Situation… oder über mich selbst. Ich rede nämlich oft eine ganze Menge Mist, während du voll auf dich konzentrierst bist und gar nicht zuhörst 😉
9. Es ist ok, wenn du einen anderen Yogastil lieber magst. Ich unterrichte, was ich möchte, nach den Vorgaben des jeweiligen Stils.
Fragen und Feedback sind eigentlich bei jedem Yogalehrer herzlich willkommen! Manchmal gibt es aber paradoxes Feedback. Beim Forrest Yoga zum Beispiel wird mir gesagt, ich solle keine Bauchübungen machen, die Bewegungsabläufe fließender gestalten oder Posen auf Deutsch ansagen. Bauchübungen und das lange Halten der Posen sind aber nun einmal grundlegende Bestandteile dieser Yogapraxis, wie auch das „Ansagen“ der Posen auf Englisch (für etwa 80 % der Forrest Posen gibt es gar keinen deutschen Namen). Wenn ich das nicht machen würde, dürfte ich meinen Kurs nicht Forrest Yoga nennen.
Jeder hat seine Lieblingsstile; finde gern deinen. Aber ein Yogalehrer kann einen „fertigen“ Yogastil nicht einfach ändern. Das wäre, als ob Mercedes ab morgen nur noch Bobby Cars bauen würde. Oder du zum Urologen gehst und ihn bittest, dein Baby zu entbinden. In die Pizzeria, um dir Sushi zu bestellen. Du weißt, was ich meine 😉
10. Fortschritt braucht Zeit. Und mehr als eine Stunde Yogapraxis die Woche.
Manchmal fragen mich Leute, wie „oft die Woche“ Yoga ideal sei und wie oft ich praktiziere.
(Reality Check: Viele Lehrer haben neben dem Unterrichten kaum Zeit für ihre eigene Praxis. Wenn es irgendwie geht, gehe ich 2-3 Mal die Woche mindestens eine Stunde auf die Matte, 2-3 Mal die Woche so etwa eine halbe Stunde. Einen Tag die Woche versuche ich, Asana-frei zu halten. Da sind nicht die Klassen enthalten, die ich für Kurse vorbereite und übe.)
Ein Yogakurs die Woche ist super und realistisch gesehen ist das alles, wozu die meisten arbeitenden Menschen Zeit haben. Aber davon darfst du keine Wunder erwarten. 60 bis 90 Minuten die Woche helfen dir langfristig, deine Haltung zu verbessern, ausgeglichener zu sein, deine Gelenke und Muskeln in Stand zu halten. Viel mehr nicht.
Wenn du dir wirkliche Fortschritte in deiner Yogapraxis wünschst und vielleicht mal ein paar fancy Asana können willst, musst du mehr ran. Dazu müssen Atem, Kopf, Technik, Muskeln und Gelenke mitspielen. Du musst nicht unbedingt jeden Tag eine Stunde praktizieren, aber ein paar Sonnengrüße jeden zweiten Tag wären schon ein Anfang. Beim Yoga macht eine regelmäßige, kurze Praxis viel aus!
Gibt es sonst noch Fragen, die du einem Yogalehrer schon immer stellen wolltest? Leg los, wir haben kein Berufsgeheimnis 😉